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Dumpfe Läufe und auftrumpfende Bläsergewitter

Manfred Stanka, Münchener Merkue

Die Ursituation eines geistvollen Gesprächs an der Orgel: auf der Tiefe wabern dumpfe Läufe empor, dazu knurrt das Pedal auf, auf einmal dringt in der Oberstimme ein lang gehaltener Ton durch. Und es beginnt die Orgel zu singen. Anne Horsch imponiert zwar mächtig mit Tutti-Effekten, lässt in Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge G-Dur Flammen auflodern, und der Wind rauscht gewaltig von der Empore herab. Aber die Organistin “registriert” nie auf den Effekt hin, die Wahl ihrer Register passt sich der Musik an und will nicht nur Kräfte spielen lassen. Sie bringt das Werk durch unendlich feine Nuancen und farbliche Abstufungen im Spiel zum Leuchten. Einst im Himmel müssen die Zuhörer vielleicht darüber Zeugnis ablegen, ob sie dem Allerhöchsten auf Erden schon einmal begegnet sind – spirituell, virtuell oder sonstwie. In diesem Fall werden sie sich an Anne Horschs Bach-Interpretation erinnern und an das festliche Konzert für Orgel und der Bavarian Chamber Brass. Ernsthafter sind die Johannes-Brahms-Einlassungen mit der Orgel im Präludium und in der Fuge g-moll. Wieder ist das Spiel von Anne Horsch gedrängt, jede Phrase, jeden Triller mit musikalischem Sinn zu erfüllen. Nichts wirkt großformatig übertüncht. Wie sie etwa durch kleine Verzögerungen die immanenten harmonischen Kühnheiten der Werks hervortreten läßt, zeugt von einem bis ins letzte Detail ausgefüllten Interpretationsansatz.

Hochgestimmte Festlichkeit

Karl Rieck, SZ

Berauschender Musikabend mit Orgel und Trompete
Die strahlende Klangintensität der Trompete galt früher als Symbol für Herrschermacht und war das Attribut der Könige. Wenn sie in einem Konzertprogramm auf die Orgel trifft, st hochgestimmte Festlichkeit angesagt. Wenn dann noch herausragende Interpreten wie Anne Horsch und Paul Jacot den Werken Ausdruck geben, ist ungeschmälerter Musikgenuss garantiert. Ein Konzertereignis der besonderen Art.
Das Programm war so angelegt, dass der Orgel nicht nur dienende oder untermalende Funktion zugekommen wäre, sondern durchgehend erlebten die Besucher beide Instrumente als gleichrangig, verbunden allerdings durch ein gleichzeitig harmonisches wie spannungsvoll kontrastierendes Zusammenspiel
Glockenspiel und Stundenschlag ermöglichten im “Carillon de Westminster” von Louis Vierne einen Begegnung mit zeit, Vergänglichkeit und Schönheit. Die Münchner Organistin und Paul Jacot beschenkten das Publikum mit einer Abendmusik von hohem künstlerischen Rang.

Wiederhören macht Freude

Guido Krawinkel auf www.klassik.com

CDs wie diese gibt es viele – zumindest auf den ersten Blick. Da ist zum einen das Programm, das sattsam bekannt scheint, gehören doch die Hauptwerke deutscher wie ebenso französischer Orgelromantik von Vierne, Mulet und Reubke längst zum gängigen Repertoire. Und auch die van den Heuvel-Orgel der Pariser Kirche St. Eustache ist auf dem Tonträgermarkt bereits gut vertreten. Das 1989 fertig gestellte Instrument wurde in Anlehnung an die Orgeln von Aristide Cavaillé-Coll gebaut, der mit seinen Orgeln gewissermaßen den Idealtypus französisch-romantischer Orgelbaukunst geschaffen hatZupackend und klar Trotz aller Versuche, dem Original Cavaillé-Coll gleichzukommen, bleibt es nach wie vor unübertroffen. Das direkte und mitunter etwas kalte Klangbild der van den Heuvel-Orgel weist zwar deutlich romantische Tendenzen auf, entspricht in seiner Gesamtcharakteristik aber eher einem modernen Geschmack. Mit dem interpretatorischen Konzept von Anne Horsch korrespondiert dies aber durchaus, ist dieses doch von einem zupackenden Spiel und strukturell klaren Ansatz geprägt. Die junge Organistin verfügt über eine stupend anmutende Virtuosität, so dass sie z.B. das flirrende Passagenwerk in Julius Reubkes Sonate über den 94. Psalm mit bewundernswerter Selbstverständlichkeit nimmt. Technische Klippen werden mit großer Brillanz umschifft, rhythmische Strukturen à point serviert und dynamische Kontraste auf dem 101 Register umfassenden Instrument in all ihren Extremen ausgelotet.

In sich schlüssig Horsch zieht nicht nur sprichwörtlich alle Register, mit ihren zupackenden Interpretationen, die rhythmisch straff und insgesamt sehr ‚straight’ sind, ist sie generell nicht gerade zimperlich. Dieser jugendlich-energische Stil ist in sich schlüssig, ausgesprochen selbstsicher und verheißt noch einiges Entwicklungspotential für die Zukunft.

Geistvoller Spielwitz und fromme Emotionen

Dr. Christoph Bauer, Südostbayerische Rundschau

Eindrucksvolles Orgelkonzert von Anne Horsch
Machtvoll-triumphal, dennoch durchdacht und mit subtiler Genauigkeit, eben geisterfüllt-pfingstlich, so intonierte die Münchner Organistin Anne Horsch Johann Sebastian Bachs großes Präludium und Fuge e-moll BWV 548 in St. Zeno. Die Klangfülle der großen Maerz-Orgel kam ihr dabei natürlich entgegen, um die Struktur des Werkes klar und luzide herauszuarbeiten, ja zu ziselieren.

Der maßgebende Orgelmusikführer von Viktor Lukas notiert über die elf Choralvorspiele von Johannes Brahms opus posthum 122: “Ein spätes, fast schon jenseitiges Echo auf das Barockzeitalter”.
Anne Horsch gab die vier ausgewählten Stücke mit schierer Innigkeit und Dezenz, zugleich hell und luftig. Bei “Es ist ein Ros entsprungen” vernahm man mit Freude, wie dieses Choralvorspiel – jenseits der Weihnachtszeit – seine Gültigkeit auch für den Maienmonat bewahrt. Sehnsucht jenseits religiöser Fundierungen wie frommer Emotionen schwang mit beim “Herzlich tut mich verlangen”. Die Künstlerin interpretierte die abseits der Klangrede des Symphonikers stehenden “Exempel” von der kleinen Maerz-Orgel (Augustinus-Orgel von 1890) aus.
Wieder von der großen Orgel her spielte Anne Horsch dann die Sonate Nr. 6 in d-moll, die sogenannte “Vater unser im Himmelreich-Sonate” aus op. 65 (vom Jahr 1844) von Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Machtvoll und mild interpretierte die Organistin den Choral mit den Variationen, wobei sie auf virtuoses Auftrumpfen gerne verzichten konnte. Das berühmte Andante-Finale, das keine thematische Rückbindung zum Choral besitzt, hörte man als Ausklang fromm-froher Eleganz, wundersam verklingend und edel verinnerlicht.

Den Schluß des Konzertabends, der durch seine ebenso intelligente wie sensible Programmgestaltung bestach, bildete Maurice Duruflés “Prélude et fugue sur le nom d’Alain” op. 7.
Anne Horsch deutete das Stück als Opus voll gallischen Esprits. Den immanenten geisterfüllten Spielwitz arbeitete sie überzeugend und souverän heraus. Es obsiegte wieder pfingstliche Heiterkeit, auch im herrlich aufrauschenden Finale.
Das Konzert – das so exemplarisch geglückte – hätte einen deutlich besseren Besuch verdient. Die jedoch, die sich eingefunden hatten, applaudierten begeistert – mit “standing ovations”.

Das Thema des Konzerts ist die Variation

Christa Jansen, Isar-Anzeiger

Die Grünwalder Organistin mit der reichen inländischen und internationalen Erfahrung verachtet die heimische Orgel in St. Peter und Paul nicht.
Anne Horsch geht mit ihren Zuhörern fürsorglich um. Sie schickte ihr Publikum am Freitagabend nicht in die Schwere ahnungslosen Hörens, sondern stellt ihm schlicht und wohltuend verständlich das Thema das Abends vor. Die Variation … gab dem Abend den Mittelpunkt.
Dagegen ruhen die sechs Variationen über ein deutsches Volkslied “Mein junges Leben hat ein End´” ganz in sich. Anne Horsch gelingt es, diese leisen Variationen ganz in den Zuhörer hinein zu spielen.
Sie schenkt weder sich noch dem Instrument etwas. Bis zum letzten Ton schmeichelt sie der Orgel, überläßt sich ihr, ohne sich zu vergessen, überwindet mit ihr Erdverbundenheit und schwingt zärtlich in diese zurück. So gelingt die hommage an die klassische französische Orgel mit den Variationen über ein Thema von Clément Jannequin von Jehan Alain ebenso vollkommen wie “Prélude, fugue et variation” von César Franck.
Die “Vater-unser-Sonate” von Felix Mendelssohn-Bartholdy ist Klangfülle gewordenes Herrengebet und war so zu hören.

Das Wesen der Musik ist Offenbarung, es läßt sich keine Rechenschaft davon geben.
H. Heine

An diesem Abend ist es so geschehen.

Orgelstunde mit dem Signum des Besonderen

Arno Preiser, Münchner Merkur

Es war ein Orgelkonzert mit dem Signum des Besonderen, das der Franz-Liszt-Kreis im Rahmen seiner Starnberger Konzerte am Sonntag veranstaltete.
Dazu kontrastierte der ruhige Beginn der 6. Orgelsonate d-moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy mit den Variationen über den Choral “Vater unser im Himmelreich”. In jeweils anderem Licht erscheinend, wurde dieser abgewandelt. Glaubenskraft schien dieses Credo des Frühromantikers auszudrücken. Eine aus dem Material des Themas gebaute Fuge war durchsichtig angelegt, das Final, ein liedhaftes Andante, war in seiner Anmut stimmungsvoll gestaltet.
Den imponierenden Abschluss der Orgelstunde bildete die Wiedergabe von Liszts Präludium und Fuge über den Namen B-A-C-H. Die Organistin demonstrierte, wie in diesem überschwänglichen Virtuosenstück das Bach-Thema den Satz durchfurcht und in der Fuge, die einer Fugenfantasie entspricht, mit mancherlei Klangeffekten gipfelt.